Die Schildbürger
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Karl Simrocks “Schildbürger” erzählt “wundersame, abenteuerliche und bisher unbeschriebene Geschichten und Taten der Schildbürger in Misnopotamien, hinter Utopia gelegen”. Die Erzählungen von den Schildbürgern haben ihren Ursprung in einem Schwankroman von 1597 und bis heute gehören die Schildbürgerstreiche – vom Bau ihres Rathauses über den versalzenen gemeindeacker, die Wahl eines Schultheißes bis hin zur Begrüßung des Kaisers – zu den bekanntesten Schelmengeschichten der deutschen Literatur.
Autor: Karl Simrock
Illustration:
ca. 112 Seiten
(Kursiv:wird durch Ihre Angaben ersetzt)
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Leseprobe
Folgendes Tages, als mit der Glocke das Zeichen gegeben worden, vor welchem niemand kommen und arbeiten durfte, kamen sie insgemein wieder zusammen, stiegen auf den Dachstuhl und fingen an, das Rathaus zu decken. Zu dem Ende standen sie alle hintereinander, etliche zu oberst auf dem Dach, andere besser hinab, auch noch auf den Latten, etliche auf der Erde zunächst an der Leiter, andere weiter davon, und sofort an bis zum Ziegelhaufen, welchen einen guten Steinwurf weit vom Rathaus war. Solchergestalt ging jeder Ziegel durch aller Schildbürger Hände, vom Erste, der ihn aufhob, bis zum Letzten, der ihn auf seine Statt legte, damit ein Dach daraus würde. Da ging es nicht anders als bei den Ameisen, wenn sie im Sommer die Winterspeis eintragen.Weil man aber willige Rosse nicht übertreiben soll, hatten sie angeordnet, daß zu gewisser Stunde die Glocken geläutet würden, zum Zeichen des Abzugs von dem Werk und des Einzugs ins Weinhaus. Als mithin der, welcher der Nächste beim Ziegelhaufen war, den ersten Schlag der Glocke gehört hatte, ließ er den Ziegel, den er schon aufgehoben, wieder fallen, und läufst du nicht, so gewinnst du nichts, dem Wirtshaus zu. Desgleichen taten auch die andern alle, bis auf den Letzten, liefen alle einander nach, wie die Schneegänse, wenn sie fliegen, damit keiner etwa um einen Trunk versäumte. Da geschah es, daß die, welche zuletzt ans Werk gegangen waren, die ersten im Wirtshaus und die obersten hinterm Tisch wurden, welches sie darum taten, damit sie, von den andern am Aufstehen behindert, auch die letzten beim Aufbruch wären. So machten es auch die Zimmerleute, denn als ihrer einer den ersten Glockenschlag gehört und die Axt zum Streich schon aufgehoben hatte, tat er denselben nicht, sondern nahm die Axt auf die Achsel und läufst du nicht, so trinkst du nicht. Warum taten sie aber das, warum eilten sie so vom Werke? Damit sie desto früher wieder dazu kämen? Oder damit sie desto länger bei Tisch säßen? Letzteres ist glaublicher.
Nach vollbrachtem Werk wollten die Schildbürger in ihr Rathaus gehen, solches zur Ehre aller Stultorum einzuweihen und dann in aller Narren Namen zu versuchen, wie es sich darin würde Raten lassen. Also sie aber in aller Ehrbarkeit hineingetreten kommen, ecce vide, schau, los, guck, sieh, lug, potz Velten, videte, – da war es ganz und gar finster, und so finster, daß einer den andern auch kaum hören konnte, ob welchem Handel sie nicht wenig erschraken und sich nicht genug verwundern konnten, was doch die Ursache sein möchte, ob vielleicht etwas im Bauen verfehlt worden, wodurch das Licht verschlagen und aufgehalten würde.
Also gingen sie zu ihrem Heutor wieder hinaus, um zu sehen, wo der Fehler stecke, fanden aber die drei Mauern völlig und ganz, und das Dach fein ordentlich darauf gestellt, also daß draußen, wo es Licht genug war, nichts mangelte. Da gingen sie wieder hinein, um auch dort nachzusehen, wo doch der Mangel wäre; wo sie denn noch viel weniger sehen konnten, wegen Mangel des Lichts. Was sage ich nur viel? Die Ursache blieb ihnen unbekannt und verborgen und ließ sich weder finden noch erraten, wie sehr sie auch ihre närrischen Köpfe darob zerbrachen. Darum stunden sie in großen Ängsten und schlugen zur Förderung der Sachen einen allgemeinen Ratstag ein.
(...)
Als nun der bestimmte Ratstag gekommen, erschienen die Schildbürger vollzählig, also, daß Keiner ausblieb, weil es ja ihnen gelten sollte. Es hatte aber ein jeder einen angezündeten Lichtspahn mitgebracht und denselben, nachdem er sich nieder gesetzt, auf den Hut gesteckt, damit sie in dem finstern Rathaus einander sahen, und der Schultheiß einem jeden bei der Umfrage seinen Namen und Titel geben könnte. Als nun die gemeine Umfrage getan wurde, wie man sich im vorliegenden Falle verhalten sollte, fielen viele wiederstreitende Meinungen, wie bei zweifelhaften Händeln gemeinlich zu geschehen pflegt.
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